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Kronen Zeitung: Ende eines jahrzehntelangen Streits
Der seit Jahrzehnten tobende Streit zwischen den Gesellschaftern der Kronen Zeitung steuert auf ein Ende zu. Noch seien einige Punkte offen, aber es sehe nach einer Einigung zwischen Familie Dichand und der deutschen Funke-Gruppe aus, sagen mehrere voneinander unabhängige sachkundige Quellen dem STANDARD. Familie Dichand will die 50 Prozent der Funke-Gruppe an Österreichs größter und einflussreichster Tageszeitung übernehmen.
Offizielle Kommentare stehen aus, alle Handelnden schweigen auf STANDARD-Anfrage zu den Vorgängen.
Nah wie nie, aber noch nicht fix
Eine Einigung zwischen den spätestens seit Anfang der 2000er-Jahre offen streitenden Krone-Gesellschaftern soll für einzelne Quellen des STANDARD schon absehbar sein. Andere warnen vor voreiligen Schlüssen: In den vergangenen Jahren habe es schon mehrfach nach einer Einigung zwischen Familie Dichand und Funke-Gruppe ausgesehen, aus der schließlich doch nichts wurde. Die Verhandlungen seien diesmal aber weiter und konkreter als bei diesen vermeintlichen Einigungen in der jüngeren Vergangenheit.
Noch sind einer Quelle zufolge aber einige Detailpunkte offen. In den vergangenen Monaten lagen Familie Dichand und Funke-Gruppe vor allem bei den Preisvorstellungen für die 50 Prozent an der Krone deutlich auseinander, die bisher die deutschen Gesellschafter halten. Kolportiert wurden etwa rund 100 Millionen Euro Forderung von der Essener Funke-Gruppe.
Der Preisrahmen der Dichands soll doch deutlich drunter liegen. Etwa mit dem Argument, dass der inzwischen pleite gegangene Signa-Konzern von René Benko der Funke-Gruppe 2019 schon 80 Millionen Euro für eine Beteiligung an der Funke-Beteiligungsholding für Österreich mit den Anteilen an Krone und Kurier bezahlt hat. Mit der Insolvenz der Signa Holding sind ihre die Anteile zu haben, die Funke-Gruppe hat ein starkes Aufgriffsrecht für diese Anteile.
Dazu kommt, so jedenfalls die bisherige Verhandlungsposition der Dichands in den vergangenen Monaten: Einen Gutteil des Gebots soll nach Vorstellungen der österreichischen Krone-Gesellschafter die Funke-Gruppe quasi selbst zahlen.
Über Jahrzehnte hinweg Streitobjekt der Gesellschafter: die „Kronen Zeitung“, Österreichs einflussreichstes und größtes Blatt. Harald Fidler
„Krone“, „Kurier“ und Mediaprint im Überblick
Die bisherige Lage bei Kronen Zeitung, Kurier und Mediaprint.
Die „Kronen Zeitung“ gehört zu je 50 Prozent Familie Dichand und der deutschen Mediengruppe Funke.
- Die Funke-Gruppe hat René Benkos Signa-Holding 2019 eine Minderheit an ihrer Holding für die Österreich-Beteiligungen Krone und Kurier verkauft. Mit dem Kollaps der Signa-Gruppe stehen die Signa-Anteile zum Verkauf, Funke hat ein sehr starkes Aufgriffsrecht. De facto kontrolliert sie die 50 Prozent.
- Die Anteile der Familie Dichand teilten sich bisher zu je 12,5 Prozent auf Helga Dichand, Witwe des 2010 verstorbenen Krone-Gründers Hans Dichand, sowie ihre drei Kinder Michael, Johanna und Christoph auf. Helga Dichand hatte nach STANDARD-Infos auch entscheidendes Stimmgewicht bei den Familienanteilen. Sie starb Mitte Juni 2024. Nach einer unbestätigten STANDARD-Quelle sollen die Anteile auf Christoph Dichand übergehen. Er ist Herausgeber und Chefredakteur der Krone und Sprecher für die Krone-Familienanteile der Dichands.
- Die Dichands verhandeln über einen Kauf der Krone-Anteile der Funke-Gruppe, bisher mit sehr unterschiedlichen Preisvorstellungen.
Der „Kurier“ gehört zu 50,56 Prozent Raiffeisen, die übrigen Anteile hält ebenfalls die Funke-Gruppe. Raiffeisen hat für die Kurier-Anteile der Funke-Gruppe im Frühjahr ein formelles Gebot deponiert; kolportiert, aber nicht bestätigt wurde ein Preiskorridor in der Gegend von 25 bis 30 Millionen Euro. Die Preisvorstellungen sollen auch hier ein gutes Stück auseinander liegen.
Die Mediaprint ist der gemeinsame Verlagskonzern von Kronen Zeitung und Kurier, marktbeherrschend insbesondere im Osten Österreichs in Druck und Vertrieb und mit dominanter Position im Werbemarkt. In der Mediaprint entscheiden Funke, Dichand und Raiffeisen. In der Mediaprint sollen Krone und Kurier die Werbevermarktung wieder eigenständiger übernehmen, die gemeinsame Gesellschaft vor allem für Vertrieb, Druck und Verwaltung zuständig sein.
Zurück in schwarzen Zahlen nach fast 25 Millionen Verlust. Der Zeitungskonzern Mediaprint, mit rund 400 Millionen Euro Umsatz der größte österreichische Verlagskonzern, tauchte im Geschäftsjahr 2022/2023 bis Juni 2023 tief in die roten Zahlen. Rund 24 Millionen Euro Verlust stehen im Konzernabschluss. Die Gesellschafter, heißt es im Abschluss, schossen 22 Millionen zu. 2023/2024 soll die Mediaprint wieder in schwarze Zahlen zurückgekehrt sein, sagen Quellen im Konzern. Der Abschluss liegt noch nicht im Firmenbuch vor.
Gewinngarantie und Schiedsgerichte
Warum sollte die Funke-Gruppe selbst für einen wesentlichen Teil jener Summe aufkommen, mit der ihr die Dichands 50 Prozent an der Krone abkaufen wollen?
Erst Anfang Oktober hat ein Schiedsgericht die Vereinbarungen der Funke-Gruppe mit den Dichands grundsätzlich bestätigt, wonach der österreichischen Eigentümerfamilie ein garantierter Gewinn zusteht. Diese – kolportiert – zehn bis zwölf Millionen Euro pro Jahr muss die Funke-Gruppe den Dichands überweisen, wenn sie die Krone nicht abwirft.
Für das Geschäftsjahr 2018/19 mussten die Funkes schon die Gewinngarantie zahlen, wie ein früheres Schiedsgericht entschied. Für 2019/20 gab das jüngste Schiedsgericht wieder den Dichands grundsätzlich recht. Mit weiteren, noch von der Funke-Gruppe blockierten und bei Schiedsgerichten anhängigen Garantiegewinnen aus den folgenden Jahren seither wollte Krone-Herausgeber Christoph Dichand große Teile des Kaufpreises für die 50 Prozent der Funke-Gruppe finanzieren beziehungsweise gegenrechnen.
Getrübter Sieg
Allerdings soll das jüngste Schiedsgericht die Hoffnung etwas getrübt haben. Im Detail sollen die Schiedsrichter in einigen Punkten auch im Sinne der Funke-Gruppe entschieden haben. Laut Gesellschaftsverträgen und Rahmenvereinbarungen bei der Krone sind Schiedsgerichte nach Schweizer Recht zuständig, um solche Streitfragen zwischen den Gesellschaftern zu entscheiden.
Möglicherweise hat eine im Detail differenzierte Entscheidung der Schiedsrichter auf den laut mehreren Quellen rund 160 Seiten der jüngsten Entscheidung die Verhandlungsbereitschaft auf beiden Seiten erhöht und für die nun kolportierte Bewegung in den Gesprächen gesorgt. Vielleicht hat dazu auch eine vertraglich vereinbarte Reduktion der Garantiegewinne beigetragen.
Das „Krone“-Erbe
Im Juni 2024 ist Helga Dichand gestorben, die Witwe des 2010 verstorbenen Krone-Gründers Hans Dichand und Mutter von Michael, Johanna und Christoph Dichand. Mit ihrem Tod gehen auch die Anteile der Mutter auf die nächste Generation über. Für diesen Fall sehen die Rahmenvereinbarungen eine Halbierung der Garantiegewinne vor. Helga Dichand starb noch kurz vor Ablauf des Geschäftsjahrs 2023/24, schon für dieses Jahr dürfte sich der Garantiegewinn halbieren.
Wie Helga Dichand ihre Anteile in der Familie vererbt, ist im Firmenbuch noch nicht ersichtlich. Demnach halten noch Helga, Michael, Johanna und Christoph Dichand jeweils 12,5 Prozent an diversen Krone-Gesellschaften. Eine mit den Vorgängen vertraute Quelle sagt, dass die Anteile der Mutter an Christoph Dichand gehen sollen. Christoph Dichand ist Herausgeber und Chefredakteur der Kronen Zeitung, er ist zudem Sprecher für die Familienanteile.
Mehrere Quellen gehen davon aus, dass Christoph Dichand jedenfalls federführend die Anteile der Funke-Gruppe finanzieren und übernehmen würde und seine Geschwister Johanna und Michael hier voraussichtlich nicht oder nicht im gleichen Umfang mitzögen. Ein Krone-Mehrheitseigentümer Christoph Dichand hätte damit wieder zwei Gesellschafter mit Gewinnerwartungen an Bord. Wenn man so will, könnte sich das zu einer neuen, nun innerfamiliäre Gewinngarantie bei der Krone auswachsen.
Konfliktstoff bleibt
Aber noch soll bei aller kolportierten Bewegung zwischen Dichands und Funke-Gruppe noch keine Einigung unter Dach und Fach sein. Zudem braucht es für eine geordnete Scheidung noch eine Einigung zwischen Raiffeisen und Funke-Gruppe über die 49,44 Prozent am Kurier, die noch der deutschen Mediengruppe gehören. Und dann ist da noch der gemeinsame Verlag von Kronen Zeitung und Kurier, die Mediaprint, Österreichs größter Druck- und Vertriebskonzern im Mediengeschäft.
Im gemeinsamen Verlag von Krone und Kurier gibt es bisher eine fixe Gewinnaufteilungen von 70 Prozent für die Kronen Zeitung und 30 Prozent für den Kurier, der – auch wenn er einmal ganz im Besitz von Raiffeisen steht – vermutlich ungern auf diese Gewinngarantie verzichten würde.
Die Kronen Zeitung wirft dem Kurier traditionell vor, dass sie den kleineren Mediaprint-Partner wirtschaftlich mittragen müsse. Der Kurier hält mit seinen wesentlichen Deckungsbeiträgen im gemeinsamen Verlagskonzern dagegen.
50:50 in der Mediaprint
Die Gewinne werden nach den Kommanditanteilen an der Mediaprint aufgeteilt, bei den Gesellschaftsanteilen steht es aber 50:50 zwischen Kronen Zeitung und Kurier. Hier setzt sich dann – künftig wohl zwischen Dichand/Krone und Raiffeisen/Kurier die Pattstellung weiter fort, die in den vergangenen Jahrzehnten das Verhältnis zwischen den 50:50 beteiligten Krone-Gesellschaftern Dichand und Funke geprägt hat.
Auch wenn Einigungen mit der Funke-Gruppe über deren geordneten Abschied von Krone und Kurier gelingen, gibt es noch einigen Konfliktstoff im Mediaprint-Komplex.
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