Get the Flash Player to see this player.
Das Aktuelle Medieninterview – Mehr als eine Vision: Mensch und Maschine
17.03.2025
PreMedia:
Herr Dr. Meik, alle reden von Künstlicher Intelligenz, und viele befürchten, dass sie der menschlichen Intelligenz eines Tages überlegen sein wird. Mal plump gefragt: Wird die KI wie im Film Matrix irgendwann über die Menschen herrschen?
Frank Meik:
Das wäre fatal. Ich glaube es auch nicht, weil die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz Instrumente sind, derer wir uns bedienen. Letztlich liegt es an uns, welche Grenzen wir der KI setzen. Was der KI fehlt, ist menschliches Bewusstsein und die Fähigkeit, die zum Teil widersprüchlichen Entscheidungen zwischen Emotion und Verstand menschlich zu treffen. Der Rechner arbeitet nach dem Prinzip der Mustererkennung mithilfe einer enormen Zahl an Daten. KI ist dadurch rasend schnell und sehr lernfähig, wird aber nie ein Bauchgefühl haben.
PreMedia:
Und wie es mit den Sozialen Netzwerken und deren Besitzern – werden diese die Macht haben, künftig Meinungen zu steuern und Gesellschaften in ihrem Sinne zu manipulieren?
Frank Meik:
Tun sie das nicht schon längst? Die sozialen Netzwerke haben ungeheuren Einfluss auf die Meinung ihrer Nutzer, besonders der jungen Leute, die dort ihre wesentlichen Informationen beziehen und daraus ihre Meinungen bilden. Wir sind uns dieser Manipulation oft nur nicht bewusst. Die asozialen Netzwerke haben ihre Bedeutung so schnell ausgeweitet, weil sie kaum Restriktionen unterliegen und so bequem und einfach zu handhaben sind. Wenn Despoten sich diese Macht aneignen, kann es sehr gefährlich werden. Wir erleben das gerade.
PreMedia:
Vor allem Elon Musk hat in Deutschland zuletzt für große Aufregung gesorgt, aber auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der Faktenchecks weitgehend abschaffen will. Zu Recht?
Frank Meik:
In Wahrheit fehlt doch heute schon jede Kontrolle über das, was die sozialen Medien verbreiten. Fällt auch noch der Faktencheck weg, sind Fake News Tür und Tor geöffnet. Es hätte schon vor Jahren einer Regulierung bedurft, um Portale wie Werbeträger und Medien zu regulieren und auch derselben Beschränkungen aufzuerlegen. Stattdessen hat man Facebook und Co. wie reine Anbieter technischer Plattformen behandelt. Inhaltskontrolle, die Verantwortlichkeit für die verbreiteten Informationen, Datenschutz oder Schutz der Persönlichkeit fehlte. Auch das Kartellrecht muss sich mit der Macht der Konzerne befassen, die bei uns bereits sehr mächtige Werbeträger geworden sind.
PreMedia:
Facebook brüstet sich damit, vorhersagen zu können, welche Paare sich in den nächsten Monaten trennen werden, lesen wir in Ihrem Buch. Wenn das stimmt, ist es doch ziemlich gruselig, oder?
Frank Meik:
In der Tat! Facebook weiß heute schon vor dem Vater, dass seine Lebensgefährtin ein Kind erwartet. Das funktioniert ganz einfach: Die Frau geht zum Frauenarzt und besorgt sich danach einen Schwangerschaftstest. Anschließend bespricht sie sich länger mit ihrer besten Freundin und schaut sich im Netz Babyartikel an. Und schon erkennt das System, dass die Frau schwanger ist und kann ihr viele passende Werbeangebote unterbreiten.
PreMedia:
Sie behaupten, auch der Brexit wäre ohne die Macht von Social Media nicht gekommen…
Frank Meik:
Die Meinungsumfragen sprachen vor der Abstimmung klar für den Verbleib in der Europäischen Union. Unstrittig haben dann die Befürworter des Brexit Millionen in Social-Media-Kanäle investiert. Auf diese Weise wurden sehr viele Fake News verbreitet. Finanziert von Staaten, die ein Interesse an der Destabilisierung unserer Demokratien haben. Diese Kampagnen auf Social Media haben die Stimmungen geprägt.
PreMedia:
Wie viel Regulierung durch die staatlichen Akteure braucht es, damit nicht die digitalen Super-Konzerne eine Art Weltherrschaft erringen können? Oder ist der Zug schon abgefahren?
Frank Meik:
Regulierung allein kann die Probleme nicht lösen. Letztlich ist das nur zu schaffen, wenn die Menschen mündig sind und in die Lage versetzt werden, Informationen für sich zu verarbeiten und richtig einzuordnen. Die Nutzer haben ihre Macht noch nicht erkannt. Sie glauben noch immer, dass sie ja nichts zu verbergen haben und deshalb das System ohne Schaden nutzen können. Die Vielzahl der Daten, insbesondere der Metadaten, Adressdaten, Bewegungsprofile, Freundschaftskontakte und Analyse des Kaufverhaltens der Nutzer, macht Social Media aber erst mächtig. Wenn Nutzer ein Portal boykottieren, dann verliert es.
PreMedia:
Könnte zum Beispiel ein Fach „Medienkompetenz“ an den Schulen solches Wissen lehren?
Frank Meik:
Selbstverständlich. Den Anschluss an die digitale Welt schaffen wir nur durch die kontrollierte und mündige Nutzung der Angebote. Schon die Kinder sollten lernen, was Informationen sind, die gut recherchiert wurden, und das Fake News in den sozialen Medien leider zur Regel gehören. Wann Fakten, Meinungen, Gefühle kundgetan werden, sollte ebenso gelehrt werden, wie die Arbeitsweise von Journalisten und wie wichtig ein Faktencheck ist. Und auch die Eltern dürfen sich nicht wegducken, was heute leider zu oft passiert.
1. Fehlt es an der Erziehung? Ist diese im digitalen Zeitalter herausfordernder geworden?
Erziehung war schon immer schwierig. Man muss Kinder ernst nehmen, ihnen Regeln setzen, sich mit ihnen beschäftigen, Dinge erklären. Das kostet Zeit und Kraft. Was stattdessen oft passiert, ist, dass man den Nachwuchs daddeln lässt und ihn mit Geräten, auf denen sie kleine Videos sehen können, ruhigstellt und die Kinder schon viel zu früh ein eigenes Smartphone erhalten..
2. Wie gefährdet sind die Demokratien? Müssen wir befürchten, dass die KI autoritären Herrschern das Geschäft künftig noch einfacher machen wird?
Es sieht alles danach aus. Autokraten bietet sich die gesamte Klaviatur der Manipulation, von der Falschinformation bis zur Propaganda. Soziale Medien können dazu insbesondere den emotionalen Bereich sehr gut ansprechen. Dies sichert ihnen viel Aufmerksamkeit. Auch für Populisten ist es leichter, die Meinung über Social Media zu beeinflussen. Gefragt sind weniger Fakten, sondern Stimmungen und einfache Parolen. Lösungen sind aber oft komplex und schwierig. In Demokratien entstehen sie durch oft langwierige, aber wichtige Diskussionen und Abstimmungsprozesse, in Diktaturen wird bestimmt, was richtig ist.
PreMedia:
Was können die klassischen Medien dem Siegeszug der Datenkraken, die den Menschen ja gewissermaßen in die Köpfe schauen können, denn noch entgegensetzen?
Frank Meik:
Nun, die Social-Media-Anbieter können anhand der Mustererkennung und des Verhaltens der Menschen aufgrund der Metadaten und Bewegungsmuster sehr viel erkennen. Aber sie können zum Glück noch nicht in die Köpfe der Menschen schauen. Die klassischen Medien müssen noch mehr auf Qualität achten und ihre Angebote auf allen Kanälen verbreiten.
PreMedia:
In Ihrem neuen Buch beschäftigen Sie sich intensiv mit den Auswirkungen der digitalen Revolution auf junge Leute. Ist die Generation Z gewappnet?
Frank Meik:
Das ist sie leider nicht, und das ist ein großes Versäumnis von uns allen. Wir haben die Digital Natives allein gelassen. Wir haben ihnen nicht erklärt, was Qualitätsinformationen sind, und sie ihrer Faszination über das Digitale überlassen. Bestenfalls die Generation der heute über 30-Jährigen hat noch aus der analogen Welt ihr Rüstzeug fürs Leben erworben.
PreMedia:
Sind junge Leute dadurch unempathischer als früher?
Frank Meik:
Sie sind oft ängstlich und suchen nach Orientierung und Führung. An der Generation Z sieht man das sehr deutlich. Im Grunde brauchen die jungen Leute Ansprechpartner in den Betrieben, die sich um sie kümmern. Viele wechseln ihre Anstellung oder Ausbildung nach sechs bis neun Monaten und fühlen sich ständig überfordert. Wenn man sein halbes Leben damit verbracht hat, vor dem Bildschirm zu sitzen und sich dort gut darzustellen, dann fehlt oft die Orientierung im wirklichen Leben.
PreMedia:
Müssen wir jetzt alle kulturpessimistisch werden, oder stehen wir an der Schwelle einer gewaltigen Revolution, die menschliches Leben besser macht?
Frank Meik:
Es gibt so vieles, womit die Technik unser Leben erleichtert: in Beruf und Wissenschaft, beispielsweise durch bessere OPs, die Früherkennung von Krankheiten oder durch Roboter, die schwere Arbeit oder menschliche Pflege ersetzen, durch mehr Sicherheit in der Öffentlichkeit. Es ist eben wie bei jeder Technologie letztlich die Frage, wie sie genutzt
wird. Die Atomkraft kann friedlich eingesetzt werden – oder als Kriegswaffe. Wir müssen neugierig, kritisch und lernwillig die neuen Techniken verstehen und sie nicht einfach nur konsumieren.
Wenn wir mutig und verantwortungsvoll handeln, und diese Grundhaltung auch den Kindern vermitteln, können wir uns die digitalen Chancen zunutze machen, ohne von den Gefahren überwältigt zu werden.
PreMedia:
Lieber Herr Dr. Meik, Danke für dieses wertvolle über alle Gesellschaftsschichten und Altersgruppen hinweg sehr wertvolle Gespräch.
Frank Meik:
Sehr gerne geschehen, Hr. Malik.
» drucken « zurück
Mainpost
MSH-Medientage 2017
Get the Flash Player to see this player.
European Newspaper Congress 2017
Get the Flash Player to see this player.
Get the Flash Player to see this player.
Get the Flash Player to see this player.
Get the Flash Player to see this player.
drupa 2016 in Düsseldorf
Get the Flash Player to see this player.
Pforzheimer Zeitung
Get the Flash Player to see this player.
Living Legend
Get the Flash Player to see this player.
Moskau Chechov
Get the Flash Player to see this player.
Schwaebisch Media
Get the Flash Player to see this player.